1519 (diese Zeit wollen wir darstellen) war Pressath kurpfälzisch (seit 1329 mit dem „Hausvertrag von Pavia„), Hauptstadt Heidelberg. Es gehörte zur Oberen Pfalz auf dem Nordgau mit der Haupt-stadt Amberg und hier zum Landrichteramt Waldeck-Kemnath.
Ab 1621 (offiziell aber 1628) übernahm der bayer. Herzog Maximilian die Oberpfalz. Damit gehörten wir zu Kurbayern.
Zeitalter: Renaissance, nicht Mittelalter.
Im 30 jährigen Krieg wurde Pressath am 15.5.1633 von den Schweden völlig niedergebrannt. Dabei starben 54 Menschen. 1634 brach die Pest aus. Zwischen 1633-1635 starben 700 Pressather.
Die Abgebildeten Fahnen sind Original Abbildungen des Pressather Fähnleins Vermutlich vom 30 Jährigen Krieg
gefunden im Staatsarchiv Amberg mit der Bezeichnung "Risse 192"
Stadt- oder Landfähnlein dienten nur Verteidigungszwecken und wurden von Kurfürst Maximilian 1621 aufgelöst. Danach nannte man das Bürgeraufgebot „Bürgerwehr„. Jedes Haus stellte einen Mann samt Ausrüstung. Jeder erschien in seinem Alltagsgewand. Es waren also noch keine Uniformen üblich.
Fähnleinsämter ab ca. 1530:
Hauptmann, Leutnant oder Leutinger (Stellvertreter d. Hauptmanns), Fähnrich, Feldwaibel, Schreiber, Feldscher, Kaplan, Spielleut
Ämter des gemeinen Mannes:
Führer, Waibel, Gemein Waibel, Furier
Erklärung einiger Regimentsämter:
Schultheiß: Richter
Profoß: oberster Träger der Polizeigewalt
Hurenweibel: zuständig für die Ordung im Troß Nachrichter, Scharfrichter
Züchtiger oder auch Freimann: vollstreckt Strafen an Leib und Leben
Wachtmeister: zuständig für Zug und Wache
Rumormeister: sorgte mit seinen Männern für Ruhe und Ordnung im Lager und auf dem Zug.
Die erste bisher gefundene Musterung (Staatsarchiv Amberg) stammt von 1480:
„Obrist Hauptleuth Mertin Liechtentaler, Erhardt Pfreumder und Hanns Weiß im Markt daselbst. Summa der manschaft Im Marckht 179, zweu Raißwagen (= Kriegswagen)„
Folgende Orte stellten Männer für das Pressather Fähnlein:
„Altendorff, Dolniz, Wolaw: ain wagen, 13 man, 8 pferd.„
„Schwandt, Hemerleins (= Hammerles), Hacken, Glasern und Nyderndorff: ain Wagen, 24 manschafft.„
„Eöchelpergkh(= Eichelberg) und Schwarzenbach: ain wagen, 20 mannschafft, 18 pferd.„
„Buchelpergkh (= Pichlberg), Feilersdorff, Grub, Höfen, Rickaw (= Riggau): ain Wagen, 16 manschafft, 14 pferd.„
Musterung von 1519 (Staatsarchiv Amberg):
160 Mann aus Pressath, 64 von den umliegenden Ortschaften (siehe Musterung v. 1480). Ausrüstung der Pressather (namentlich genannt):
- 160 Hauben
- 160 Kres sambt etlich hinterteyln (in der Musterung „ruck„ genannt)
- 160 Goller
- 73 Helmparten
- 79 Hantpuchsen
- der armbrust so noch zugelassen In bemelter herschauten marckht 7
1 rayswagen samt seiner zugehor (die umliegenden Orte stellen 4 rayswagen)
- Ebenfalls genannt werden: „pick, strich puchsen, messer, arm strich puchsen„ und bei den Männern die eine Hellebarde tragen „hentschuch„ (Handschuh, ob nun einen oder zwei und aus welchem Material ist nicht ersichtlich)
Erklärung:
Hauben = Helm
Kres = Brustpanzer aus Leder oder Eisen, Krebs genannt
Ruck = Rückenpanzer aus Leder oder Eisen
Goller = Hals u. Schulterschutz
Helmparte = Hellebarde
Hantpuchsen = Handbüchse, Gewehr
Bei der nächsten Musterung von 1523 (Personen namentlich genannt werden auch 36 „spiesser„ aufgeführt, die aber zusätzlich noch eine Hellebarde tragen. Bis 1600 liegen keine Musterungs-unterlagen vor.
Musterung von 1600-1601:
(Personen werden namentlich genannt)
„Hellenpartirer: Erste Roth: Joachim von der Grün, Fendrich
Ander Roth: Allexander Faber, Veldwäbl
Dritte Roth: Allexander Finckh, Fürer
Vierte Roth: Hanns Kepler, Furirer
insgesamt 48 Mann
Mußquartirer: Erste Roth: Adam Renng, Musterschreiber
Ander Roth: Hanns Peier, gemeiner Wäbl
Dritte Roth: Georg Peier, gemeiner Wäbl
Vierte Roth: Petter Sarbej, Wachmeister
insgesamt 46 Mann
Schützen: insgesamt 36 Mann
Spilleuth: Georg beier, Drummelschlag und Erhartt Kornman, Feltscherer„.
Waffen:
Katzbalger: Landsknechtsschwert, das um 1500 entstand. Klinge 500-550 mm lang, Spitze stumpf. Kennzeichen: gebogene Parierstange in „S„-Form. Es wird waagrecht
am Gürtel getragen.
Hellebarde: Gesamtlänge etwa 2,1 m, Blatt etwa 7 mm dick, Beil etwa 250 mm lang.
>Handrohr: Das Schießpulver wurde im 7. Jahrhundert in China erfunden. In Europa entstanden die ersten Feuerwaffen in der. 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die gesamte Waffe bestand nur aus dem Lauf (aus Eisen oder Bronze). Es folgten Hinterlader, die nicht nur für den Feind, sondern auch für den Benutzer gefährlich werden konnten. Noch im 14. Jahrhun- dert kommt ein hölzener Schaft an das Handrohr. Im 15. Jahrhundert wurde das Luntenschloß er-funden. Um 1500 entstand das Radschloß, das keine brennende Lunte benötigte. Da es in der Her-stellung aber sehr teuer war, war beim Militär bis Ende des 17. Jahrhundert das Luntenschloß üblich.
Bekleidung:
Laut Sebastian Frank, Weltbild 1534: „Die Beyer seind gmeinlich in blaw gekleidet, sunderlich was auft dem land wont, tragen meer stiffel dan hosen (Strumpfhosen).„
Schmeller: „Nach der Rüstungs Instruction von 1507 sollte von den ausgeschoßnen Bauern ein jeder einen Krebs, ein Schulterl, Armschin, Goller und Hirnhäubl haben.„
Männer:
Schuhe: Kuhmaul- oder Ochsenmaulschuhe, Bauern tragen Stiefel mit Umschlag (Stulpen), pantoffelähnliche Schuhe usw.
Hosen: Bundhosen enden am Knie oder an den Knöcheln, sie können strumpfhosenähnlich sein oder enganliegend mit einem Steg. Zu einem richtigen Mann gehört an die Hose ein Schambeutel, auch Braguette genannt. Diese „Teile„ konnten enorme Ausmaße erreichen.
Hemden: weite Ärmel, mit und ohne Kragen, mit und ohne Rüschen oder Fältchen. Falls Kragen vorhanden oft reich bestickt.
Kopfbedeckung: Barett, Filzkappen- oder hüte
Strümpfe (falls vorhanden): sie werden aus Stoff genäht. Wollsocken waren bekannt, aber nicht „in„.
Ärmel: sind ein selbstständiges Kleidungsstück. Sie werden an die Jacke angenestelt (= gebunden). Am Gürtel durfte ein Messer (stilettähnlich) nicht fehlen.
Frauen:
Sie tragen ihr Nachthemd, darüber ein Unterkleid und darüber Kleid (mit oder ohne Ärmel) oder Rock mit Mieder oder Jäckchen (mit oder ohne Ärmel). Verheiratete Frauen tragen immer eine Kopfbedeckung und zwar je nach Stand: Kopftuch, Haube, Barett, Kopftuch mit Strohhut. Unerläßlich für die Bekleidung war eine schmale Schürze. Auch Frauen trugen Messer (für die Arbeit und zum Essen).
Weder Männer noch Frauen trugen Unterwäsche. Kinder waren die Abbilder der Erwachsenen und hatten keine eigene Bekleidungsform. Es war damals wahrscheinlich genauso wie heute: in ist was gefällt. Allerdings mußten oder sollten sich die einzelnen Stände an bestehende Kleiderordnungen halten. Gegessen wurde mit Hand und Messer. Suppe wurde mit Brot aufgetunkt.
Das wärs. Hoffentlich habe ich Euch nicht zu sehr gelangweilt. Noch Fragen?
Ich bin gerne zu Auskünften bereit. Wen es interessiert: die Musterungslisten liegen als Originalkopien vor.
Barbara Zankl